image An sechs Standorten in Deutschland bietet Bike Bridge Fahrradkurse für Frauen mit Fluchterfahrung an und fördert damit Spaß, Freude, Mobilität und soziale Verbindungen. (Foto: Felix Groteloh)

Frauen mit Fluchterfahrung in Bonames lernen Radfahren

Die Diakonie Frankfurt und Offenbach ist neue Partnerin des Vereins Bike Bridge.

Ein  blauer Ball fliegt durch die Luft. Karima fängt ihn lachend, schaut sich suchend um. Wer soll ihn als nächstes bekommen? „Sibylle“ ruft Karima und wirft den Ball rüber zu ihrer Nachbarin. „Amina“ sagt Sibylle und schon landet der weiche Ball in den Armen der kleinen Frau mit dem grauen Kopftuch. Ein Kennenlern-Spiel an diesem sonnigen Dienstagnachmittag auf dem Alten Flugplatz in Bonames. Radfahrer*innen queren die geteerte einstige Landebahn,  zwei junge Männer spielen Federball über ein Netz. Die Runde der Frauen aus der nahen  Unterkunft für Geflüchtete, die  Fahrradfahren lernen wollen, wird größer. Projektkoordinatorin Judith von  Bike Bridge holt immer wieder ihre Namensliste heraus, fragt nach: „Sind Sie angemeldet?“

Viele Frauen wollen Radfahren lernen
Das Angebot, sagt Martin Mauch, Ehrenamtskoordinator in der Flüchtlingsunterkunft des Diakonischen Werkes für  Frankfurt und Offenbach, stieß auf großes Interesse, die zwölf Plätze sind ausgebucht, für weitere sechs bis acht  Frauen, die gerne mitmachen wollen, soll es im Frühjahr einen neuen Kurs geben.

An Rädern mangelt es nicht in der Flüchtlingsunterkunft, „wir haben mehr Räder als Bewohner, wir erhielten viele  Spenden“, sagt Mauch. Er freut sich über das Angebot von Bike Bridge: „Die meisten Männer können Radfahren, aber einige Frauen  nicht. Für sie ist es schön, in der Gruppe aufgefangen und begleitet zu werden.“

Auf das Gleichgewicht  kommt es an
Drüben, auf dem ehemaligen Rollfeld, pumpen Amina und die anderen Frauen gerade zwei gelbe Roller auf. Schwerstarbeit, die Frauen wechseln sich ab, lachen. Gleich geht es los, es gilt, geschickt um eine Reihe bunter Hütchen herum zu lenken, die Balance zu halten. Die Frauen fahren konzentriert. „Schau auf den Horizont, nicht auf den Boden“, ruft Sibylle, läuft mit, strahlt die Frauen an. Der Roller geht von Hand zu Hand, die Mienen der Frauen werden immer  fröhlicher, sie feuern sich gegenseitig an, jede probiert sich aus. Manchmal muss ein Rock gerafft werden, die  meisten tragen Hosen und Turnschuhe, damit geht es besser.

Fahrradkette, Fahrradschloss, Gepäckträger
Kinder kommen auf ihren Rädern vorbei, schauen ihren Müttern zu, die nun die großen Fahrräder von Bike Bridge nehmen und vorsichtig um die Hütchen herumschieben. Als  nächstes geht es auf den Sattel, die Füße auf dem Boden und nun auf dem Rad sitzend laufen. Für manche sind die Räder von Bike Bridge zu hoch, sie leihen sich die Räder größerer Kinder aus. Das Gleichgewicht halten lernen, Spaß miteinander haben, dem Kurs auf Deutsch folgen, darum geht es bei dem zweistündigen Treffen. Mitte August kamen die  Frauen das  erste Mal zusammen, im  Herbst wird der Kurs enden.

Projektkoordinatorin Judith ruft die Frauen in einen Kreis, teilt Blätter mit abgebildeten  Fahrrädern aus, auf denen jedes Teil in mehreren Sprachen beschrieben steht. „Wir lernen die Begriffe“, sagt Judith. „Fahrradschloss“, „Fahrradkette“, „Gepäckträger“ wiederholen Fadeia, Karima und die anderen Frauen. Nach einer kurzen Trinkpause geht es wieder an die Räder, Judith steht in der Mitte und ruft Kommandos: Rechts, links, stopp. Die  Frauen schieben konzentriert, achten aufeinander, geraten manchmal mit der Richtung durcheinander, lachen.

Bike Bridge fördert den Austausch auf Augenhöhe
Judith teilt zum Ende kleine Aufkleber von Bike Bridge aus. Manche drücken sie an ihr Herz. Und während alle zusammenpacken, hat sich Parima das kleinste Rad geschnappt, sich drauf gesetzt und radelt nun mit einem breiten  Grinsen auf die anderen zu. „Du sitzt aber nicht das erste Mal auf dem Rad“, ruft Sibylle verblüfft.  Am Ende des Kurses, ist sich Projektkoordinatorin Judith sicher, werden alle Frauen radeln können.  Vielleicht nicht im dichten Straßenverkehr der Stadt, aber bestimmt im Grüngürtel hinter der Flüchtlingsunterkunft. Und Kurse für Fortgeschrittene hat der gemeinnützige bundesweit tätige Verein auch im Angebot. Sein Ziel ist es, Brücken zu bauen, interkulturelle Begegnungen auf Augenhöhe zu fördern und Frauen zu stärken, die in ihren  Heimatländern  keine Chance hatten, Radfahren zu lernen.

Auch in einer weiteren Unterkunft für Geflüchtete wird Bike Bridge, mit dem Diakonischen Werk für Frankfurt und Offenbach als Partner, in diesem Jahr noch einen Kurs für  Frauen anbieten. Ehrenamtliche Trainerinnen, die  Freude an Begegnungen und Bewegung haben, sind gesucht.

www.bikebridge.org


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