Die Bahnhofsmission ist eine niedrigschwellige Anlaufstelle für Menschen in seelischen Notlagen
Sie fielen auf in ihren blauen Westen mit dem Logo der Bahnhofsmission und der Aufschrift „Mutmacher:in“: Leif Murawski und Jad El Ouazzani waren mit einem Stand beim Deutschen Patientenkongress Depression Anfang Juni in der Alten Oper. „Was macht die Bahnhofsmission, warum ist sie bei einem Kongress für Depressionshilfe und Suizidprävention?“, wollten viele wissen, erzählt Leif Murawski. Er selbst hat vor ein paar Jahren die Zusatzausbildung zum Mutmacher absolviert, die 2015 bei der Bahnhofsmission in Berlin ihren Anfang nahm und von der Deutsche Bahn Stiftung gefördert wird. Sozialberatung, das kennt der promovierte Literaturwissenschaftler, der seit mehr als 33 Jahren bei der Bahnhofsmission arbeitet. Aber die spirituelle, die seelsorgerliche Dimension, die ja eigentlich in jedem Gespräch, in jeder Zuwendung an die Gäste mitschwingt, die war noch nirgends so richtig verankert.
Das Ohr und das Herz zuneigen Wenn Murawski, Jad El Ouazzani und die anderen in ihre blauen Mutmacher:in-Westen schlüpfen, gehört auch dazu, aufsuchende Arbeit zu leisten. Wenn sie Zeit finden, gehen sie raus zum Fernbusterminal oder in den Kaisersack, der inzwischen umbenannt wurde in Kaisertor. „Wir setzen uns dazu, kommen ins Gespräch, wollen wissen, wo der Schuh drückt.“ Klar kaufen die Mitarbeiter aus der Bahnhofsmission auch mal ein Brötchen, damit jemand wieder zu Kräften kommt oder sorgen dafür, dass ein Busticket umgebucht werden kann. „Aber für uns ist das Wichtigste, die Menschen spüren zu lassen, dass sie wahrgenommen werden, ihnen unser Ohr und unser Herz zuzuneigen und ihnen Zeit zu schenken“, sagt Murawski.
Auf den Kräften der Menschen aufbauen Die Ausbildung zum Mutmacher umfasst zum Beispiel Elemente der Gesprächsführung und orientiert sich an den vorhandenen Kräften der Menschen, sagt Murawski. Sie rief ihm viele Instrumente und Techniken „wieder neu ins Bewusstsein“. So gut wie täglich führt er Gespräche, von denen er sagt, sie seien „ein echter Mutmacher-Einsatz.“
Einfach Hingehen – kostenfrei und ohne Termin Beim Deutschen Patientenkongress Depression in der Alten Oper mit seinen 1200 Besucher:innen unter Schirmherrschaft von Harald Schmidt machten die beiden Mutmacher der Bahnhofsmission deutlich: Die Bahnhofsmissionen sind kostenfreie ganz niedrigschwellige Anlaufstellen für Menschen in psychischen Notsituationen. „Man braucht keine Termine zu machen, kann zu jeder Tages- und Nachtzeit hingehen und erhält zeitnahe Antworten“, zählt Murawski die Vorteile auf. Und er setzt hinzu: „Das gibt es sonst so nicht.“ Zudem stigmatisiere das „schöne alte Wort“ Bahnhofsmission niemanden. Auf dem Frankfurter Kongress zu Depressionshilfe und Suizidprävention erfuhren viele Betroffene und Angehörige, dass die Bahnhofsmission „gar keine Suppenküche mehr ist“, sagt Murawski. Wobei, etwas Warmes, und sei es ein Kaffee oder Tee, erhalten die Gäste dort immer am Tag und auch in der Nacht.