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Foto: Dimitri Wittmann / Pixabay

Sucht betrifft uns alle – Hilfe auch!

Ein Interview zum bundesweiten Aktionstag Suchtberatung am 13. November

Sucht ist kein Randthema. Sie begegnet uns im privaten Umfeld, in der Familie, im Freundeskreis und manchmal auch im eigenen Leben. Deshalb steht der bundesweite Aktionstag Suchtberatung am 13. November unter dem Motto „Sucht betrifft uns alle – Hilfe auch!“. Dazu ein Gespräch mit Martin Meding, dem Leiter der Evangelischen Suchtberatung Frankfurt.

Der Aktionstag steht unter dem Motto „Sucht betrifft uns alle – Hilfe auch!“. Was heißt das für Sie in Ihrer täglichen Arbeit?
Martin Meding: Neben den Direkt-Betroffenen, die Suchtmittel in problematischer Weise konsumieren oder ein problematisches Sucht-Verhalten zeigen, betrifft Sucht auch immer das soziale Umfeld – Ehepartner:innen, Kinder, Familien, Arbeitskolleginnen und -kollegen, Freunde. Wir beraten alle Menschen: Die Direkt-Betroffenen, um mit Ihnen einen Weg aus dem Suchtverhalten zu entwickeln und sie dabei zu begleiten. Ebenso die Indirekt-Betroffenen, also das soziale Umfeld, indem wir sie unterstützen im Umgang mit einem Menschen mit Suchtproblematik, so dass sie gut auf ihre eigene (psychische) Gesundheit achten, um ihre Grenzen wissen und sich gegebenenfalls Unterstützung holen, um mit der Situation besser umgehen zu können.

Warum ist es wichtig, dass wir alle – sowohl gesellschaftlich als auch persönlich – das Thema Sucht nicht wegschieben?
Wir sorgen damit für unsere psychische Gesundheit, aber auch für den Direkt-Betroffenen, dass er seine Verantwortung wahrnimmt.  Sucht ist eine „Volkskrankheit“, viele Menschen sind betroffen. Direkt oder indirekt. 1 Euro in die Suchthilfe investiert erspart 27 Euro Folgekosten für das Gemeinwohl.

Der diesjährige Schwerpunkt betont: Die Wege zur nächsten Suchtberatung sind oft weit. Was erleben Sie in Ihrer Arbeit dazu konkret?
Das ist eher ein ländliches Problem, das hier in der Großstadt nicht so existiert.

 

Bei Martin Meding und seinem Team stoßen Ratsuchende auf offene Ohren.

Bei Martin Meding und seinem Team in der Evangelischen Suchtberatung Frankfurt stoßen Ratsuchende auf offene Ohren. (Foto: Pamela Balladares)

Was braucht es, damit Menschen schneller und einfacher Hilfe bekommen?
Ein verstärktes Beratungsangebot mit niedrigschwelligen Zugangswegen, so dass Ratsuchende auch in guten Motivationszeiten einen schnellen  Beratungstermin bekommen. Dazu braucht es möglichst täglich Offene Sprechzeiten. Dafür sind Personalressourcen notwendig, und dafür wiederum ist eine gesicherte und gute Finanzierung notwendig.

Was sind typische Hürden, die Menschen davon abhalten, Hilfe zu suchen?
Stigmatisierung, Scham. Aber auch eine Beratungsstelle mit langen Wartezeiten und hohen Zugangshürden.

Wie können wir in der Gesellschaft diese Hürden verringern?
Durch Aufklärung und Informationen. Durch Offenheit und Kampagnen zur  Entstigmatisierung.

Wie läuft ein erstes Gespräch in der Suchtberatung ab – was erwartet die Ratsuchenden?
Die Ratsuchenden stoßen auf offene Ohren, in einer vertrauenswürdigen und sicheren Umgebung;  eine zieloffene Beratung, in der das Ziel gemeinsam mit dem Ratsuchenden geklärt wird. Jede:r Ratsuchende wird so angenommen, wie er oder sie kommt.

Was sind häufige Themen oder Fragen, mit denen Menschen zu Ihnen kommen?
Da geht es zunächst einmal um die Klärung: Bin ich schon abhängig? Dann wird danach gefragt, welche Hilfsmöglichkeiten es gibt. Und Indirekt-Betroffene fragen danach, wie sie dem Partner oder der Partnerin, Kolleginnen oder Kollegen, Vater, Mutter, dem Freund oder der Freundin helfen können, um aus der Sucht herauszukommen: Wie ist der richtige Umgang mit diesem Menschen, der eine Suchtproblematik hat?

Was können Menschen tun, wenn sie sich Sorgen um jemanden machen – im beruflichen oder privaten Umfeld?
Sie können in einer Beratungsstelle Rat suchen, wie man mit der Situation umgeht und/oder der Person eine Rückmeldung geben, was einen besorgt, was man sieht und beobachtet. – Wichtig ist, keine Diagnose zu stellen oder zu verurteilen. Das Gespräch sollte offen geführt werden.

 

Faktenblatt zum Aktionstag Suchtberatung 2025

 

Die Evangelische Suchtberatung Frankfurt bietet täglich eine offene Telefonsprechzeit an – Montag bis Freitag von 9 bis 11 Uhr unter 069 5302-302. Kontakt per E-Mail: suchtberatung@frankfurt-evangelisch.de. Weitere Infos auch auf www.evangelische-beratung.com/sucht. Im Café Alte Backstube, einem alkoholfreien Begegnungszentrum in der Dominikanergasse 7, gibt es auch eine Offene Sprechzeit für die „Beratung von Betroffenen für Betroffene“: Montag, Mittwoch und Freitag von 10 bis 13 Uhr und zusätzlich montags von 17 bis 18 Uhr.


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