image Laudator Thomas Kirchner (links) mit Mitgliedern des Ehrenamtskreises Hausaufgabenbetreuung der Diakonie und Integrationsdezernentin Sylvia Weber bei der Übergabe des Preis für Flüchtingshilfe im Kaisersaal des Frankfurter Römers. (Foto: Rolf Oeser)

„Sie haben Frankfurt ein Stück reicher gemacht“

Ehrenamtskreis Hausaufgabenhilfe der Diakonie erhält im Kaisersaal Preis für Flüchtlingshilfe 2018.

Volles Haus im Frankfurter Römer: Während der Verleihung des Integrationspreises und des Preis für Flüchtlingshilfe war der Kaisersaal bis auf den letzten Platz besetzt. Mit dem Flüchtlingspreis 2018 wurde der Ehrenamtskreis Hausaufgabenbetreuung der Flüchtlingsunterkunft Am Alten Flugplatz Bonames des Diakonischen Werkes für Frankfurt am Main ausgezeichnet. Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert.

Lob für persönlichen Einsatz und Empathie

Sylvia Weber, Dezernentin für Integration und Bildung der Stadt Frankfurt am Main, bescheinigte den Preisträgerinnen und Preisträgern „Vorbilder an Engagement, Leidenschaft und Kompetenz“ zu sein. „Sie haben Frankfurt ein Stück reicher gemacht“, rief Laudator Thomas Kirchner dem Ehrenamtskreis Hausaufgabenbetreuung der Diakonie zu. Der CDU-Stadtverordnete lobte den „großen persönlichen Einsatz und die Empathie“ den die Freiwilligen in der Flüchtlingsunterkunft leisteten. Sie wirkten sehr positiv auf die Bildung der Kinder und Jugendlichen ein und dies strahle auch in den Stadtteil hinein, dort entwickle sich „ein realistisches Bild der Situation Geflüchteter, die anfänglich negative Stimmung baut sich langsam ab.“ Besonders beeindruckt zeigte sich Kirchner davon, dass die Ehrenamtlichen meist keine pädagogischen Vorkenntnisse aufwiesen, sondern frei nach dem Motto Erich Kästners handelten, das da lautet „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

Kindern und Jugendlichen eine Perspektive bieten

In ihrer Dankesrede sagte Heidi Barthold vom Ehrenamtskreis Hausaufgabenbetreuung: „Kinder haben es leichter als Eltern, Deutsch zu lernen und sich zu integrieren. Im Alltag können sie sich hervorragend verständigen.“ Wissenslücken gegenüber Mitschülern träten allerdings spätestens beim Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule auf, die jungen Geflüchteten seien dann oft frustriert. „Wir motivieren und unterstützen sie, damit sie besser in der Schule werden“, sagte Barthold. Wichtig für die Kinder und Jugendlichen wäre es allerdings, die Sicherheit zu haben, dass sie längere Zeit in Deutschland bleiben können. „Die Arbeit macht uns viel Freude, wir bekommen viel zurück“, sagte Barthold. Die Ehrenamtlichen seien dadurch auch angeregt über ihre eigenen Lebensformen nachzudenken und lernten viel über die Kulturen der Herkunftsländer der Kinder. „Geben und nehmen ist bei uns das wesentliche Element, rief Barthold den Zuhörenden zu. Viel Beifall erhielt sie für ihre freundliche Aufforderung: „Sie können gerne bei uns mitarbeiten.“

Hintergrund zur ehrenamtlichen Hausaufgabenbetreutung

Die ehrenamtliche Hausaufgabenbetreuung für rund 70 Kinder begann zeitgleich mit der Eröffnung der Flüchtlingsunterkunft am Alten Flugplatz Bonames im Juni 2016. Rund 25 Ehrenamtliche üben mit den Mädchen und Jungen in der Flüchtlingsunterkunft Rechnen und Lesen, wiederholen mit ihnen den Lernstoff und beantworten ihre Fragen zu den Hausaufgaben. Sie helfen ihnen, sich in der Schule besser zurechtzufinden und fördern ihre Teilhabemöglichkeiten. Kontinuierlich entwickeln die Ehrenamtlichen ihr Angebot weiter, bieten nun auch Lesepatenschaften und individuelle Unterstützung an, begleiten Eltern bei Gesprächen in der Schule und organisieren ein Ferienprogramm.

Jedes Kind ist willkommen – Unterstützung in Deutsch und Mathe ist besonders gefragt

Montags bis freitags, jeweils zwischen 15 und 17.30 Uhr kommen 20 bis 30 Kinder und Jugendliche zur Hausaufgabenhilfe, bisweilen sind es auch mehr. Die Freiwilligen organisieren ihren Einsatz in der Hausaufgabenhilfe selbst , immer zwei oder drei sind an einem Nachmittag im Einsatz, gehen von Tisch zu Tisch, beantworten geduldig Fragen. Unter ihnen sind Studentinnen ebenso wie Menschen jenseits des Berufslebens. Besonders in Deutsch und Mathe ist ihre Unterstützung gefragt, aber auch in Französisch als 3. Fremdsprache. Rund 330 Geflüchtete, vor allem aus Syrien, Afghanistan, Irak, Iran, Pakistan und Eritrea, wohnen in der Unterkunft, in ihren Familien. Rund 180 von ihnen sind unter 18 Jahren alt. Fast alle Familien leben seit zwei bis drei Jahren in Deutschland und haben eine längere Fluchtgeschichte hinter sich. Einige Kinder sind lange nicht zur Schule gegangen, viele haben traumatische Erlebnisse zu verarbeiten. Ihre Eltern sind zum Teil Analphabeten, haben nie eine Schule besucht. Die Hausaufgabenbetreuerinnen bauen Brücken ins deutsche Schulsystem, helfen Eltern, schulische Mitteilungen zu verstehen und begleiten sie manchmal auch zu Gesprächen mit Lehrkräften.

Bindungen entstehen – Vertrauen wächst 

Über die monatelange Betreuung sind Bindungen entstanden, ist Vertrauen gewachsen. Im Austausch mit der Grundschule Kalbach entstand zudem das Projekt Lesepatinnen und –paten: Acht Ehrenamtliche besuchen ein bis zwei Mal in der Woche ein Kind, um mit ihm zu lesen, die Grundschule sagt, welche Kinder besonders von Unterstützung profitieren. Ein Grundschüler konnte auf diese Weise seine zunächst gefährdete Versetzung in die nächsthöhere Klasse doch noch erreichen. Auch für die Freizeit und die Ferien vermitteln die Hausaufgabenbetreuerinnen Kontakte, etwa zu Sportvereinen.


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