image Foto: Rolf Oeser

Ein besonderer Ort im Herzen des Bahnhofsviertels: Die Weißfrauen-Diakoniekirche.

Quo vadis Weißfrauen-Diakoniekirche

Resonanz-Werkstätten zur Zukunft des Kultur- und Veranstaltungsortes haben getagt

„Alle Kunst kommt aus dem Kultischen“. Deshalb ist die Weißfrauen-Diakoniekirche ein ganz besonderer Ort. Von außen sichtbar als Kirche mitten im Bahnhofsviertel. Von innen mit großem Holzkreuz und Altar eine Herausforderung für alle, die ihre Kunst in dem mehr als zehn Meter hohen Kirchenraum zeigen. „Quo vadis Weißfrauen-Diakoniekirche“ – das fragten drei Resonanz-Werkstätten für Kunstschaffende, Kirchenvertreter:innen sowie Nachbarinnen und Nachbarn im Bahnhofsviertel. Die Treffen vom 30. Oktober bis 4. November sollten dazu beitragen, sich mit der Zukunft einer der wenigen Diakoniekirchen in Deutschland zu befassten. Ein Neustart ist nötig, Kirchensteuermittel im niedrigen sechsstelligen Bereich fließen pro Jahr in die Kirche, bei rückläufigen finanziellen Ressourcen und einer übersichtlichen Besucherresonanz, so Diakoniepfarrer Markus Eisele. Zudem wurde die Stelle eines Mitarbeiters nicht weiter gefördert, der die Ausstellungen bisher beaufsichtigte und feste Öffnungszeiten ermöglichte. Markus Eisele betonte dennoch: „Wir wollen die Weißfrauen-Diakoniekirche erhalten als religiösen und sozialdiakonischen Ort, als Ort für Kunst und Diskurse.“ Gerade weil „Kirchen kein Selbstzweck sind“, solle mit allen Besuchsgruppen gesprochen, ihre Ideen und Bedürfnisse einbezogen werden.

Ein Leuchtturm im Frankfurter Bahnhofsviertel
Mehr als 40 Künstlerinnen und Künstler kamen zur Resonanz-Werkstatt für Kulturschaffende. Von 2004 an hat sich die Kirche zu einem der renommierten Ausstellungsorte für zeitgenössische Kunst in Frankfurt entwickelt. Deshalb hatten Künstlerinnen und Künstler in einem an den Evangelischen Regionalverband und die Stadt Frankfurt gerichteten Brief gefordert, die Weißfrauen-Diakoniekirche als „Leuchtturm im Frankfurter Bahnhofsviertel“, der „soziale Arbeit, direktes Engagement vor Ort und hochwertige Ausstellungen“ verbinde, zu erhalten. Sie forderten den Evangelischen Regionalverband und die Stadt Frankfurt auf, „gemeinsam konkrete Schritte zum Erhalt des Ausstellungsbetriebes zu unternehmen, die wir unbedingt unterstützen wollen.“

Hohe Qualität des Kirchenraumes
In der Resonanz-Werkstatt vertraten manche Künstler:innen die Position, es sei nicht ihr Job, Veranstaltungen für die Kirche vorzuschlagen: „Wir haben vor allem das Interesse, einen Raum zu haben, der nur für die Kunst da ist“. Andere konnten sich die Diakoniekirche als Ort für „Begegnungen und Aktivitäten mit verschiedenen Facetten wie zum Beispiel Yoga oder die Arbeit mit obdachlosen Menschen vorstellen“. Viele sagten, es sei wichtig, in Frankfurt Orte für „kompromisslose Ausstellungen“ zu haben. Immer wieder wurde die „hohe Qualität des Raumes“ genannt, der wegen seiner Dimensionen eine zeitgenössische Kunst ermögliche, die sich „auf den religiös geprägten Raum einlässt.“ Markus Eisele sagte zu, die Diakoniekirche „vital zu halten“ und die Auseinandersetzung mit Künstler:innen fortzusetzen.

Kooperationen und Vernetzungen
Weitere Ideen zur Zukunft der Kirche entwickelte die Resonanz-Werkstatt mit Teilnehmerinnen aus Kirche und Diakonie, unter ihnen Stadtdekan Holger Kamlah und Prodekanin Stefanie Brauer-Noss. Stärkere Vernetzungen etwa zu Kirchengemeinden und Initiativen im Bahnhofsviertel wurden ebenso vorgeschlagen wie verschiedene Nutzungen je nach Jahreszeit, zum Beispiel ein kühler Ort im Sommer oder Winter-Notübernachtung für Obdachlose in den kalten Nächten. Spirituelles solle ebenso einen Raum finden wie Kooperationen mit Museen, Stiftungen und Event-Unternehmen die

Blickachse von der Moschee zur Diakoniekirche
Noch konkreter wurde es dann in der Resonanz-Werkstatt Nachbarschaft und Quartier. Dort wurde auf den direkten Blick von der Moschee an der Münchner Straße zur Diakoniekirche hingewiesen, beide Orte der Religionen seien direkte Nachbarn und in Kontakt.

Die AG „Quartier der Kulturen“ im Bahnhofsviertel ermittelt gerade, welche Formate von Kunst und Kultur es bereits im Bahnhofsviertel gibt und welche nicht, der Neustart der Diakoniekirche passe dazu.

Die Findungsphase für ein lebbares, finanzierbares Konzept für die Weißfrauen-Diakoniekirche wird auch 2025 noch andauern, sagte Diakoniepfarrer Markus Eisele. Die Kirche bleibt jedoch nicht geschlossen, sondern verschiedene Veranstaltungen sind geplant: Ende November zeigte die Künstlerinitiative EULENGASSE die Kunstausstellung „On the Urgency of Dreaming“. Zum 1. Dezember singt Bata Illic bei „Licht im Advent“, am 24. Dezember öffnen sich die Kirchentüren zur Langen Nacht Am Heiligen Abend. Für 2025 ist eine Ausstellung in Planung und die Weißfrauen-Diakoniekirche hat sich beworben, um Teil der Veranstaltungen für die World Design Capital 2026 zu werden.  

Ein erstes Resümee
Angesichts der Großzügigkeit des Kirchenraumes sei eine Mischnutzung möglich, Kunst könne in Koexistenz zu anderen Nutzungen stehen, lautet ein erstes Resümee von Teilnehmer:innen, die alle Resonanz-Werkstätten besuchten. Der Ort sei durchaus gut gelegen und gut angebunden, sein Ruf sei abhängig vom Programm, sagte eine Fachfrau, die sich für kulturelle Beratung zur Verfügung stellen möchte.  Eine neue Sichtbarkeit könne für die Weißfrauen-Diakoniekirche geschaffen werden. „Ich bin dankbar für die vielen Inspirationen, die aus den Werkstätten kamen, ich habe viel dabei gelernt. Es bedarf nun einer charismatischen Persönlichkeit, die sich mit der Weißfrauen-Diakoniekirche identifiziert und die Koordination übernimmt.“


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