April

HEADLINE FEHLT

Tanja Sacher macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube. Manchmal ist sie verzweifelt. „Voll, ja!“ sagt sie, und es hört sich nicht übertrieben an. Verzweifelt wegen der Menschen, denen sie bei ihrer Arbeit als Pfarrerin im Kirchlichen Flüchtlingsdienst begegnet. Personen jeden Alters, sogar ganze Familien, die am Frankfurter Flughafen gelandet sind und hier um Asyl gebeten haben.

Auch wenn sie es erhoffen, sind diese Menschen noch nicht in Deutschland eingereist. Die für die Grenzsicherung zuständige Bundespolizei verbringt sie in eine Unterkunft auf dem Gelände des Flughafens, in der sie unter haftähnlichen Bedingungen untergebracht werden, bis entschieden ist, ob sie einreisen dürfen oder nicht.

Im Rahmen des Flughafenverfahrens prüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) direkt vor Ort, ob ein Asylantrag begründet ist oder nicht. Fällt die Entscheidung, der Antrag sei „offensichtlich unbegründet“, verbleiben die Menschen in der Unterkunft bis zu ihrer Rückführung.

Bis es dazu kommt, können Wochen bis Monate vergehen. Eine Zeit voller Ohnmachtserfahrung, Angst und gleichzeitig quälender Langeweile. Gemeinsam mit einer weiteren Seelsorgerin und zwei Asylverfahrensberater:innen sorgt sich Tanja Sacher um die Geflüchteten. „Unser Auftrag ist es, die Menschen zu sehen, ihnen beizustehen und ihre Menschenwürde zu achten.“

„Wenn die Menschen ankommen, ist manchen nicht mal klar, in welchem Land sie sind“, sagt Sacher. Von Kriminellen finanziell ausgebeutet und durch die halbe Welt geschleppt, oft traumatisiert, übermüdet und desorientiert. Das Team des Flüchtlingsdienstes hilft den Geflüchteten, wo es nur kann – gerade auch dabei, sich zu stabilisieren und auf die BAMF-Anhörung vorzubereiten.

Haben Menschen in dieser Situation überhaupt noch genug Lebensenergie, um zu hoffen? Tanja Sacher macht die Erfahrung, dass es eher umgekehrt ist, dass nämlich die Hoffnung die notwenige Antriebskraft liefert weiterzumachen.

„Orte, die mit maximaler Ungewissheit verbunden sind, wo die Menschen existenzielle Angst haben, wo einfach nur pure Verzweiflung herrscht“ – gerade dort sei Hoffnung ein Überlebenselement, das man greifen könne wie nirgendwo anders. „An einem happy place kannst du Hoffnung lange suchen. Aber da, wo wir sind, brauchen wir sie zum Überleben.“

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